Sonntag, 23. November 2014

Filmkritik: Hexen bis aufs Blut gequält (1970)

(c) Turbine
Bereits der Titel dieses Filmes dürfte Zartbesaitete zunächst einmal abstoßen. Vermutlich aber war genau dies, das Ziel gewesen: Einen - wie damals nicht unüblich - möglichst brutalen Filmtitel zu wählen, um die Hartgesottenen Zuschauer ins Kino zu locken. Wohlbemerkt kam dieser Film fast 10 Jahre bevor die VHS etabliert war heraus und wurde in der Erst- bzw. einzigen damaligen Vermarktungsmöglichkeit nur im Kino gezeigt. Für einen Publisher hieß es, dass ein Film im Kino (und wirklich nur da) gut laufen muss, damit es kein Flop wird. Ein großer Unterschied zu den 80iger Jahren: Hier war der Videotheken Markt bereits so groß, dass es nicht wenige Filme gab - insbesondere im Horrorbereich - die erst in der Zweitvermarktung auf VHS schwarze Zahlen erzielten. Hexen bis aufs Blut gequält hätte es also 10 Jahre später vermutlich nicht einmal mehr ins Kino gebracht. Doch wir schreiben den Februar 1970. Die einzige Möglichkeit sich neue Filme anzusehen war für normale Menschen nunmal das Kino. Und ein Titel mit einem effekthascherischen Namen bekam die meisten Zuschauer. Soweit der Plan. Und als ob es nicht reichen würde, dass der Film bereits durch den Titel offensive Gewaltdarstellung verspricht, wurden bei dem Release in den USA Kotztüten gleich mitverteilt, damit auch der letzte Filmfan mitbekommt, dass er hier ganz harten Stoff geboten bekommt. Kotztüten also, damit man den - laut eigener Aussage - bis dato härtesten Film aller Zeiten aushalten kann? Starker Tobak, was damals versprochen wurde. Ob dies gut oder schlecht ist - und ob wir im Jahre 2014 immer noch Kotztüten benötigen - versuchen wir einmal rauszufinden.
Europa um 1700: Die Hexenverfolgung ist zur Zeit auf dem Höhepunkt. Unzählige Frauen - und auch Männer - werden der Hexerei bezichtigt. Meistens reicht lediglich ein von einem Hexenjäger niedergeschriebenes gefälschtes Geständnis, damit der Angeklagte auf dem Scheiterhaufen landet. Doch die direkt Hingerichteten können sich fast noch glücklich schätzen: Denn Opfern, die sich Widersetzen werden unter zusätzlicher Folter ein Geständnis entlockt.
Albino ist einer dieser grausamen Hexenjäger. Ohne erbarmen richtet er eigenmächtig in einer kleinen österreichischen Provinz Hexen hin. Als er eines Tages die schöne Gastwirtin Vanessa belästigt und von ihr eine Abfuhr bekommt, bezichtigt er sie kurzerhand der Hexerei. Der junge Hexenjäger Christian von Meruh bekommt die Szene mit und verliebt sich in Vanessa. Von diesen Augenblick steht Christan zwischen den Fronten und stellt sicher immer mehr die Frage, in wieweit das Handeln der Hexenjäger mit seinem Gewissen zu vereinbaren ist.
Aus heutiger Sicht ist Hexen bis aufs Blut gequält ein sehr interessanter Film. Zunächst einmal ist der Film weitaus weniger trashig als man bei dem Titel zunächst erwarten würde. Darüber hinaus wurde er relativ aufwendig produziert: z.B. gibt es sehr viele Außenaufnahmen - nicht unbedingt der Standard der Zeit. Auch aufwendig gebaute Sets tragen zur Atmosphäre bei.
Weiter zeigen alle beteiligten Darsteller - allem voran Udo Kier als Christian und Reggie Nalder als Albino der Hexenjäger - eine wirklich gute Leistung. Nicht zuletzt deshalb wirkt der Film zu keiner Zeit trashig und wird heutzutage in Fankreisen als ein Kultfilm und Meilenstein des Genres angesehen.
Wenn auch aus heutiger Sicht die Spezialeffekte nicht mehr so zu schocken vermögen wie vor 40 Jahren (als man noch Kotztüten brauchte :-) ), bekommt man bei einigen Szenen als Zuschauer auch im Jahre 2014 ein fast mulmiges Gefühl.
Besonders erwähnenswert ist es, dass es inzwischen eine liebevoll gestaltete Veröffentlichung der Vertriebes Turbine gibt. Diese liegt übrigens in einer limitierten Auflage von 5000 Stück vor - wer also interesse hatte sollte nicht zu lange warten. Äußerst interessant sind hier der Audiokommentar sowie die Interviews der Darsteller - die inzwischen logischerweise alle um die 40 Jahre älter sind. Man erfährt viel um die Entstehung des Filmes und das Filmbusiness allgemein zu dieser Zeit. Neben der DVD liegt der Film auch noch auf Blu Ray dabei, die eine wirklich gute Qualität besitzt und offenbar neu gemastert wurde und nicht einfach von der DVD Source hochskaliert wurde. Wie man vielleicht schon merkt ein Film, den man sich nicht entgehen lassen sollte - trotz des etwas merkwürdigen Titel. Würde der Film zum Beispiel nur Hexen (ohne den reisserischen Zusatz) heißen, wäre er vermutlich fast gesellschaftsfähig. Das er zumindest in unserem Nachbarland Österreich inzwischen Gesellschaftsfähig ist, wissen wir seit dem April 2014: Hier gab es nämlich eine wissenschaftliche Diskussion um den Film - inszeniert von der Universität Wien. So gesehen haben es wir es nun offiziell mit einem Stück europäischer Kulturgeschichte zu tun. filmdetails

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