Sonntag, 15. Februar 2015

Filmkritik: Cannibal Man (1972)

In einer Zeit vor VHS, DVD oder gar BluRay musste sich der deutsche bzw. europäische Filmverleih so einiges einfallen lassen um die Leute ins Kino zu holen. Ein Film der im spanischen Original La semana del asesino heißt und wortwörtlich übersetzt Die Woche des Mörders bedeutete, lockt Samstag Abends natürlich weniger junge Erwachsene ins Kino als ein Cannibal Man. Das der Deutsche Titel hier wiederum eigentlich ein englischer ist, scheint egal zu sein. Der alternative - echte Deutsche - Titel ist übrigens Das Haus des blutigen Grauens und hört sich fast noch trashiger an. So hat sich  letztendlich der internationale Titel Cannibal Man durchgesetzt. Auch mir suggerierte der Titel unbedeutenden Trash aus der untersten Schublade, weshalb er in meinem Movie-Backlog doch ziemlich weit unten angesiedelt war. Durch einen Zufall hab ich es Channard zu verdanken, den Film viel doch früher als geplant gesehen zu haben. Und es hat sich gelohnt. Anders als erwartet handelt es sich nämlich um einen waschechten Thriller und keinen weiteren südeuropäischen Kannibalenschocker von der Slasher-Stange.
Marcos ist ein junger Mann um die 30 und verdient sein Lebensunterhalt im Schlachthof. Trotz harter Arbeit reicht es gerade so aus, um zusammen mit seinem Bruder, einem LKW Fahrer, in einer kleiner heruntergekommenen Hütte zu wohnen. Nicht unweit von dort steht ein Hochhaus mit Luxusappartments, welche die besserverdienende Schicht beherbergt. In einem dieser Appartments wohnt der reiche Néstor, der im späteren Teil der Geschichte noch eine wichtige Rolle einnimmt. Nach einem harten Tag im Schlachthof trifft Marcos seine deutlich jüngere Freundin Paula, die aus gutem Hause stammt. Als die beiden mit dem Taxi heimfahren wollen kommt es zur Katastrophe: Nach einem Streit wird Paula vom Taxifahrer angegriffen. In Notwehr schlägt Marcos den Taxifahrer mit einem Stein zu Boden und die Beiden hauen ab. Am nächsten Tag erfährt das Pärchen aus der Zeitung: Der Taxisfahrer ist an den Folgen der Verletzung gestorben. Ab diesen Moment beginnt eine nicht aufzuhaltene Spirale der Gewalt, bei der Marcos aus Angst vor der Polizei langsam zum Psychopathen wird. Um nicht entdeckt zu werden verliert er langsam aber sicher jegliches Mitgefühl und geht immer skrupeloser vor.
Um ganz in der obersten Liga des Psychothriller Genres mitzuspielen reicht es mit Sicherheit nicht. Trotzdem schafft es Cannibal Man ein interssantes Psychogramm aufzubauen, wie ein scheinbar normaler Mensch nach einem unerwarteteten Ereignis innerhalb einer Woche zum Serienmörder werden kann. Dabei kommt der Film jedoch seiner Zeit entsprechend nicht ohne einige derbe Slasher Effekte aus. Nach heutiger Zeit wirken diese jedoch so harmlos, dass eine 16er Freigabe sicherlich unbedenkdlich wäre. Weitaus gruseliger als die Effekte ist jedoch die Geschichte an sich: Marcos ist Held und Antiheld gleichzeitig. Obwohl man seine Taten alles andere als gutheißen kann, fiebert der Zuschauer mit und hofft, dass Marcos nicht erwischt wird. Letztendlich muss man sich eingestehen, dass man gerade am Anfang des Filmes fast Mitleid für Marcos empfindet: Immerhin ist er nicht Täter, sondern er und seine Freundin die Opfer eines des aggressiven Taxifahrers gewesen, der zuerst gewalttätig wurde. Interessant ist auch die Tatsache, wenn man überlegt, dass der Hauptcharakter letztenendlich - wenn er sich direkt der Polizei gestellt hätte - vermutlich mit Notwehr durchgekommen wurde. Am Ende des Filmes kann Marcos aber selbstverständlich auf keine Milde des Gesetzes oder das Mitleid seiner Mitmenschen hoffen. Cannibal Man ist ein weitgehend unbekannter und vor allem unterschätzter Film, der zwischen den gefühlt unendlich viel produzierten Trash seiner Zeits gnadenlos unterging. Für jeden Filmfan von Thrillern aus dieser Zeit ein absolutes Muss! filmdetails

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